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Führung gestern, heute und morgen

Rückblick auf 25 Jahre Mitarbeitermotivation und Führungsentwicklung


Vieles hat sich in den letzten 25 Jahren in den Führungsetagen verändert. Was in den achtziger Jahren als Führungsstil üblich und sogar erwünscht war, ist heute nicht mehr vorstellbar. Basierend auf meinen Erfahrungen fasse ich Chancen aber auch Versäumnisse in der Führungsentwicklung der letzten 25 Jahre zusammen. Gleichzeitig wage ich einen Ausblick, was es für eine erfolgreiche Führung der Zukunft bedarf.


Seit Jahrzehnten gehört die Forschung über Persönlichkeitsentwicklung und Reflexionskompetenz zu den Kernthemen, will man Führungskompetenz in der Wirtschaft verankern. Die letzten 25 Jahre haben gezeigt, dass die Führungsentwicklung viele Stolpersteine aufwies, aber auch Potential für ganz neue Ansätze barg. Begonnen bei sehr einfachen Regeln in den 80er Jahren wurde in den folgenden Jahrzehnten das Thema Selbstreflexion neu entdeckt. In der Wirtschaft ist es bis heute noch nicht ausreichend etabliert, hat sich aber als wohl wichtigster Meilenstein in der Führungsentwicklung herausgestellt. Ohne Zweifel war und ist dies eine Herausforderung, weil die Wirtschaft nach wie vor sehr analytisch und faktisch orientiert ist. Heute zeigt sich aber die Einsicht, dass insbesondere Managements und Führungskräfte über den Zugang zu ihrer inneren Ebene ihre Persönlichkeit entwickeln wollen. Reflexionskompetenz stellt deshalb für Unternehmen inzwischen einen echten Mehrwert dar. Aber das war nicht immer so.


Kalte Regeln

In den 80er Jahren machten sich Führungskräfte noch zu wenig Gedanken, welche Auswirkungen ihr eigenes Verhalten auf den Erfolg eines Unternehmens und die Motivation der Mitarbeitenden hat. Hierarchiestufen erlaubten es Führungskräften, unabhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen über Motivation und Mitarbeiterführung, relativ frei den eigenen Führungsstil zu prägen und einer Art „kalten Regel“, die praktisch jeder nach Belieben anwenden konnte, zu folgen. Vom autoritären Führungsstil bis zum „laissez fair“. Als selbstverständlich wurde vorausgesetzt, dass die Mitarbeitenden motiviert mitziehen. Dabei hätten schon in den 80er Jahren wichtige Erkenntnisse der Forschung und Wissenschaft und deren Implementierung in die Unternehmensführung Schaden von Unternehmen abwenden können, die nachweislich auf falsche Führung zurückzuführen sind.

Funktionale Regeln

In den 90er Jahren wurden dann neue Regeln der Führung aufgestellt und kräftig in Schulungen und Führungsseminare investiert. Führungsratgeber mit Checklisten machten klar, was man tun muss und was man nicht tun darf. Funktionale und einheitliche Führungsstile wurden angestrebt mit dem Ziel, dass sich Vorgesetzte mit ihren Mitarbeitenden auseinandersetzten. Das war immerhin ein guter Anfang. Doch die Auseinandersetzung fand in diesen Jahren noch zu stark auf der äußeren Ebene, also der funktionalen und faktisch orientierten Ebene, statt. Bis zum Kern der Persönlichkeit einer Führungskraft sind auch diese Regeln noch nicht vorgedrungen.


Erlebnis-Regeln

In der Finanzkrise Anfang des 21. Jahrhunderts hat sich dann spätestens gezeigt, wie wirkungsschwach auf diese Weise angelernte Führungsmethoden sein können. Die Krise machte klar, dass nur mit einem stabilen Beziehungsmanagement Loyalität und Rückhalt gegeben sind. Entsprechend haben „Team-Erlebnisseminare“ an Aufschwung gewonnen. Im gemeinsamen Gestalten und Erleben erhofften sich Unternehmen einen neuen echten Zusammenhalt. Auch Persönlichkeitstests, die Mitarbeitende in Typen einordnen, versuchten verständlich zu machen, wie ein Mensch tickt. Die Bestrebungen, dass Teams „an einem Strang ziehen“, endeten jedoch allzu oft in einer funktionalen Beziehungsbildung, also back to the 90ies. Man arbeitete gut miteinander, weil das so sein sollte, weniger weil eine echte gute Basis dafür geschaffen wurde. Das war zu wenig: Denn wenn es nicht geschafft wird, echte Beziehungsbildung zu erzeugen, sind Interventionen von oberflächlicher und flüchtiger Wirkung.


Selbstreflexion als Schlüssel

Der Schlüssel für richtige Unternehmens- und Mitarbeiterführung liegt in der Führungskraft selbst und ihrer Selbstreflexionsfähigkeit. Das war zwar auch in den 80ern wohl nicht neu, aber die Wirtschaft war kaum in der Lage, diese wichtige Erkenntnis in die Praxis umzusetzen. Denn die Bereitschaft zur inneren Auseinandersetzung und die damit erlangten Selbsterkenntnisse ermöglichen, die eigenen Schwächen aber vor allem auch Stärken richtig zu identifizieren und Denk- und Handlungsmuster zu verändern. Die Arbeitswelt mit den Führungsherausforderungen dient dafür als ideale Lernplattform. Für Führungskräfte ist es erfolgsentscheidend, wenn sie ihren persönlichen und authentischen Führungszugang finden. Dies allein ist schon eine Herausforderung, denn viele sind das geworden, was sie denken, was sie sein sollen. Das ist schädlich für viele Unternehmen. Wenn Führungskräfte hingegen erkennen und weiterentwickeln, was sie bereits sind, aus den Stärken also echte Vorteile für ein Unternehmen ziehen können, gelingt auch der Gesamterfolg eines Unternehmens. Zurück zum Wesentlichen und Wahrhaftigen ist gewiss ein steiniger Weg. Glaubenssätze in Form von symbolischen Steinen halten sich hartnäckig und wurden jahrzehntelang versäumt, aus dem Weg zu räumen. Führungskräfte sind heute mehr denn je gefordert, sich mit den schwerwiegenden Folgen der Fehlentscheidungen ihrer Vorgänger-Generationen auseinanderzusetzen und mit verantwortungsvollen Lösungsfindungen gangbare Wege in der Mitarbeitermotivation und Unternehmensführung zu gehen.


Transformative Führung

Die Tendenz der Führungsentwicklung geht ganz klar in Richtung Sinnfindung und transformative Führung. Es wird versucht, den „mind set“ zu erweitern und dabei Innovation und Kreativität zu fördern. Auf Selbstreflexion, Selbstentwicklung und Potenzialentfaltung wird mehr und mehr Wert gelegt. Unternehmen aktivieren verstärkt die selbstlernende Organisation und optimieren in maßgeschneiderten Kooperationen mit Spezialisten jene Führungsqualifikationen, die im 21. Jahrhundert nötig sind. Kunden und Lieferanten werden zudem stärker bei der Selbstentwicklung und Qualitätssteigerung hinzugezogen. Führungskräfte, die sich in ihrem Netzwerk aktiv einbringen und bereit sind, Wissen zu teilen, nähren und stärken nicht nur multikulturellen Beziehungsnetze in einer globalisierten Welt, sondern auch sich selbst und damit das Unternehmen.


Nachhaltigkeit auch in der Führung

In all den Entwicklungen, die in den letzten 25 Jahren zu beobachten waren, liegt der zentrale Erfolgsfaktor für echten Führungsfortschritt in der tiefgreifenden Persönlichkeitsentwicklung. Denn Menschen sind individuelle Persönlichkeiten, die wiederum durch ihre Führungsposition Verantwortung für individuelle Persönlichkeiten übernehmen. In der steten Wandlung der äusseren Parameter ist eine Führungskraft gefordert, sich selbst zu wandeln und dabei dennoch treu zu bleiben. In Zukunft werden die Hierarchieebenen schlanker und flacher. Durch flexiblere Arbeitszeiten und -plätze wird die Fähigkeit, Vertrauens- und Beziehungskultur zu gestalten, eine zentrale Führungsqualität. Gleichzeitig sollen Entscheidungen und Handlungen dem Anspruch der sozialen Nachhaltigkeit gerecht werden und damit ein Engagement für NGOs und sozial Schwächere einhergehen. Dabei sind Führungskräfte in der neu gegebenen Transparenz und Kommunikationsgeschwindigkeit des Web 2.0 sichtbar aber auch unter steter Beobachtung und damit angreifbar. Und genau das macht die neue Form der Führungsentwicklung mithilfe der Selbstreflexion so unverzichtbar. Wer sich selbst kennt und diese Erkenntnis richtig in der Führung zugunsten des Unternehmens einsetzt, kann getrost sichtbar sein, weil er dann unangreifbar ist und damit auch das Unternehmen und die Mitarbeitenden, die er oder sie führt.


Christine Kranz im Web



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